Mobbing in den Tod         

 
 

 

Des Meiers Bub, der Ottokar,
ein braver, stiller Junge war.
Er fiel nur auf, wenn in der Gruppe
man ihn benutzt als Mobbingpuppe.
Von niemanden gemocht, geschätzt,
wurde durch’s Leben er gehetzt.
Selbst die Erwachs’nen kürten ihn
zum Opfer wie ’nen Harlekin.
Dabei wollte er doch nur sein
ein Mitglied in der andern Reih’n.

Als er dann endlich größer war,
im wohlersehnten zwanz’gen Jahr,
da ließ das alles langsam nach,
weil er mit seiner Umwelt brach.
Er kümmerte sich nur um sich;
ließ Spott und Spötter still im Stich.
Doch wer jetzt denkt, er hätt’ nun Ruh;
das Schicksal schlug noch härter zu.
War es ein Unfall? War es Mord?
Die Eltern, beide, waren fort.

Und als man sie zu Grabe trug,
die Nachricht wie ein Hammer schlug
auf alle Gäste schamlos ein:
Zwei Lehrer von ihm gingen heim.
So heißt es in bestimmten Kreisen,
wenn aus dem Leben man muß reisen.
Nun kam es, daß drei Wochen später,
die Polizei sucht längst den Täter,
erneut der Friedhof ward belebt.
Der Priester seine Predigt webt.

Und damit hat er viel zu tun,
denn jener Täter scheint zu ruh’n
nicht einen Monat ohne Tat,
weil er scheinbar noch Opfer hat.
So sterben nicht allein die Alten.
Auch junge peu à peu erkalten,
wenn jene einst den Bub auslachten
und sich dabei nichts weiter dachten.
Es lichten sich im Dorf die Reihen.
Konnt’ Ottokar ihn’ nicht verzeihen?

Letztendlich ist der Ort verwaist.
Die Kinder längst hinfort gereist.
Einzig ein letzter Ministrant
hält seinem Pfarrer noch die Hand,
als in die Kirche stumm eintritt
der einst gemobbte nun zu dritt
inmitten von zwei Polizisten,
die ihn zwecks Strafe bald einnisten.
Und selbst dies heilige Gebäude
ist streng bewacht am Tage heute.

Zwar hat man keinerlei Beweise,
doch das Motiv erlaubt die Reise
zu einem lebenslangem Knast.
Der Richter sprach ohn’ große Hast.
Als letztes soll der Täter beichten
vor Ort beim Priester. Somit reichten
sich beide noch einmal die Blicke
und Ottokar sah eine Tücke
in dem geweihten Auge blitzen.
Er selbst müßt hundert Jahr nun sitzen.

Wie kann das sein, wird mancher fragen.
Das sei nicht wirklich zu ertragen.
Und immer wieder das Motiv.
Warum lief hier was ganz schön schief?
Bereits als Kind barmt Ottokar
dem Priester sein Leid Jahr für Jahr.
Der aber nahm sich an der Sache
und übte seinerseits nun Rache.
Ohne jedoch sich zu erklären.
„Soll Otto sich im Loch bewähren.“

Der Ministrant hat unterdessen
den Blick des Pfarrers nicht vergessen.
Er läßt ihn nachts nicht ruhig schlafen.
Wie konnte Gott dies nicht bestrafen?
So legt er alle Zweifel ab
und sucht den auf, der seit er Knab
bereits in ’nem Gefängnis weilte.
Zur Wahrheitsfindung drum er eilte.
Und so erfuhr er, wie’s gewesen.
Konnt’s hören und in Augen lesen.

„Was mache ich mit diesem Wissen?“
war Walter hin und hergerissen.
So hieß der Knabe, der verstand,
daß Unrecht hier herrscht unerkannt.
Zum Glück war er der Sohn vom Richter
und konnte somit abends lichter
gestalten, was durch dunkle Sachen
die Lügner aus Wahrheiten machen.
Zu guter Letzt war es gelungen
und Ottokar hat frei gesungen.