Märchen

HOME

 

Die Geschichte vom kleinen Muck

 

Es lebte einst in der Türkei

ein Mann mit Sohn, zwar arm, doch frei.

Auch waren beide angesehen

bei Tag- wie auch bei Nachtgeschehen.

 

Nachdem des Vaters Leben aus,

kamen Verwandte in das Haus.

Sie stießen fort den kleinen Muck,

den kleinen Sohn. Das ging ruck zuck.

 

Allein des Vaters Dolch und Hose

gab man vom Erbe seinem Schoße.

Und noch den Turban und den Mantel.

Den Gürtel noch – fertig der Handel.

 

Der kleine Muck schnitt, das sie passen,

die Hosenbeine kurz, denn lassen

dies zu schneidern von dem Schneider

war er zu arm, der Hungerleider.

 

So zog er, wie wir ihn heut kennen,

ins Weite ohne lang zu flennen

und kam in eine fremde Stadt,

die viel zu bieten dem wohl hat,

 

der eigen nennt ‘nen Haufen Gold.

Wer nicht, dem sei der Zufall hold.

War’s nun Zufall oder Allah?

Der Bub kam einem Häuschen nah,

 

woraus ein seltsam altes Weib

‘nen Satz rief, den ich hier beschreib

als Angebot für Speis und Trank.

Da braucht der kleine Muck nicht lang.

 

Er stieg die Treppe hoch zur Tür.

Da fragt die Frau ihn, was er hier

wohl will an diesem jener Tage.

„Ihr rieft zu Tisch, ganz ohne Frage.

 

Und weil ich aß nichts mehr seit gestern,

zwei Eier nur aus Vogelnestern,

so dacht‘ ich mir, bei meinen Sorgen,

Ihr könntet mir ein Süppchen borgen.“

 

Der alten Frau gefiel das Kind.

So sprach sie: „Komm herein, geschwind.

Die ganze Stadt weiß wohl Bescheid,

ich koche nur für Katzen heut.

 

Doch trittst du in den Dienst hier ein,

dann soll es nicht dein Nachteil sein.

Bekommst für leichte Arbeit Brot

und leidest nimmer wieder Not.“

 

Dem kleinen Muck gefiel das sehr.

Auch war das Dienen nicht zu schwer.

So ging es viele Tage gut.

Der Junge faßte frischen Mut.

 

Doch geht nicht alles glatt im Leben.

Mal geht’s bergauf – bergab mal eben.

War anfänglich die Katzenmeute

ganz brav und zierlich, was ihn freute,

 

so waren tags darauf sie wild,

daß nicht nur schief besagtes Bild.

Als wären sie im Kopf ganz irr,

zerschlugen sie das Tongeschirr.

 

Zerfetzt der Vorhang und zerrissen

der guten Frau ihr liebstes Kissen.

Wenn dann die Frau des Hauses kam,

waren die Katzen wieder zahm.

 

Sie schoben alsbald den Verdacht

auf Muck, als hätte der’s gemacht.

Da dacht sich der in seiner Pein:

„Euch lasse ich alsbald allein.“

 

Die Möglichkeit war bald gegeben.

Grad als die Frau war im Stadtleben,

zog da ein kleiner Hund den Jungen

am Bein und hat ihn wild umsprungen.

 

Darauf bracht ihn das kleine Tier

zu einer Pforte mit viel Zier.

Und als er drin war: „Hündchen Platz!

Was ist das für ein großer Schatz?“

 

Im Raum gab’s Berge voll mit Schätzen.

Wer sie besitzt braucht nicht zu hetzen

im ständig wilden Taggewühl.

Schon eine Hand voll zählt da viel.

 

„Ich will nichts stehlen von dem Gelde.

Als Dieb die Wache hätt mich bälde.

Indes, die Schuhe dort, Pantoffeln,

die helfen mir aus den Kartoffeln,

 

in die ich immer wieder komme.

Die alten Treter in die Tonne.

Auch dieses Stöckchen dort am Bogen

kommt meiner Reise sehr gewogen.

 

Nun schnell hinfort aus dieser Kammer.

Kommt Frau zurück, gibt’s Katzenjammer.“

Er rannte schneller als ein Pferd

aus diesem Haus. Lies kalt den Herd.

 

Er rannte schneller, als er konnte,

vorbei an manchem, der sich sonnte,

vorbei an manchem kühlen Schatten,

bis daß die Beine Schmerzen hatten.

 

Dort fiel er in ‘nen tiefen Schlaf

und träumte von dem Hündchen brav.

Dies sagte ihm, er müsse wissen,

die Frau tät jene Sachen missen.

 

Doch könnt sie nichts dagegen tun.

Er also, könne ruhig ruh‘n.

Will freilich er nicht Wüsten putzen,

so muß er seine Schätze nutzen.

 

Wie sie zu nehmen in Gebrauch,

das sagte ihm das Hündchen auch.

„Drehst dreimal du dich auf den Hacken,

bist andren Orts ganz ohne Zacken

 

und ohne langen Aufenthalt.

Bringst Kaffee du, wird er nicht kalt.

Dein Stock nun kann dir Schätze finden.

Dazu braucht er sich nicht zu schinden.

 

Bei Gold schlägt dreimal er hernieder.

Bei Silber zwei Mal, wenn’s dir lieber.“

Da wacht der Muck auf und er freute

sich gar so sehr: „Auf nun denn heute.“

 

Als erstes prüfte er geschickt,

ob ihm das Reisen wohl auch glückt.

Nach ein paar kleinen Fehlversuchen,

kann er den Test als Plus verbuchen.

 

Inmitten eines Platzes Weite

fand er alsbald sich und die Freude

war riesengroß, weil jene Stadt

er früher nie gesehen hat.

 

Es war die Hauptstadt des Kalifen.

Genau dort, wo die Mullas riefen

tagtäglich laut vom Minarett,

wie Allah man zu preisen hätt‘.

 

„Gewiß, ich werde ihn schon preisen.

doch brauch ich erst mal was zu beißen

und auch zu trinken, bitte sehr.

Mein Magen ist schon lange leer.“

 

Das dachte sich der kleine Muck

und ging zum Kalifen ruck zuck,

ob er nicht hätte was zu tun

für ihn. „Ich will mitnichten ruhn.“

 

Freilich kam Muckchen nicht direkt

zum Städtefürst. Zu unentdeckt

waren zur Zeit noch seine Taten.

Indes der Wachmann hat geraten

 

ihm zu gehen zum Chef der Sklaven.

Das tat er und als sie sich trafen,

mußte der Obmann heftig lachen.

„Ein Bote, du? Willst Scherze machen

 

du wohl mit mir? – Nun gut, mein Freund,

weil heute mir die Sonne scheint

und ich zum Herrscher sprechen kann;

stelle ich dich zur Probe an.“

 

Auch jener Kalif, oft zum Scherzen

er aufgelegt und tief im Herzen

sich mancher seltenen Natur

wohlwollend zeigte, war nicht stur.

 

Er lies sogleich ein Rennen starten.

Inmitten seines großen Garten

saß er mitsamt den Hofgestalten

und konnte kaum noch an sich halten,

 

als er den kleinen Muck erblickte,

der sich als Läufer hier anschickte.

„Wenn gleich mein süßes Töchterlein,

ihr Tuch losläßt, soll Start das sein.

 

Ihr rennt dann alle fröhlich los.

Gewinner ist, wer in den Schoß

das Tüchleich ihr reinlegen kann.

Allah zeigt uns den besten Mann!“

 

Doch kaum, daß fiel das Seidentuch

aus ihrer Hand kam wie Besuch

der kleine Muck nach seiner Runde

ihr sittsam nah zu jener Stunde.

 

„Fürwahr, das nenne ich geschwind!

Auch scheinst du noch ein halbes Kind,

so sollst du doch mein Bote sein.

Komm her zu mir und neig dein Bein.“

 

Fortan nun war der kleine Mann

ganz groß im Amt beim Dienstgespann.

Er saß sogar auf weichen Kissen

und mußte keinen Wohlstand missen.

 

Doch ist wohl auch bekanntermaßen

mit Neid und Eifersucht zu spaßen

nicht ratsam auf der ganzen Welt.

Und oft geht es nicht nur um Geld.

 

Oft geht es auch um Ruhm und Macht.

Manch guter Mann ward umgebracht

aus Mißgunst in den eignen Reihen.

Ich will das weiter nicht beschreien.

 

Gleichwohl kann hier sich jeder denken,

daß man haushielt mit den Geschenken,

die sonst die Höflinge sich gaben.

Hingegen man begann zu schaben

 

an Muckes Gunst bei dem Kalif.

Wohl dem, dem sein Gespür nicht schlief.

Der Knabe merkte klar das Sinnen

und trachtete sie zu gewinnen.

 

Doch mußt du auch des Schicksals Wille

bedachtsam lenken in die Rille,

die letztlich dich zum Wohle bringt.

Wer hier versagt, in Nöte sinkt.

 

Der kleine Muck sah, daß hier Geld

viel mehr als alles andre zählt.

So zog er seinen Stab hervor

und sucht nach Gold, das man verlor.

 

Alsbald hat er ‘nen großen Batzen,

den er verschenkt in Mißgunst‘ Tatzen.

Hingegen, daß man ihn befreundet,

wird er von jeder man verleumdet.

 

„Er hat gestohlen und geraubt“,

riefen die Neider. „Unerlaubt

nahm er sich manchen Klumpen Gold.

Gerecht wär, daß sein Kopf bald rollt!“

 

So wurde, ohne lang zu fragen,

der kleine Muck ins Loch geschlagen.

Gesprochen bald war das Urteil,

„Es walte nun des Henkers Beil!“

 

Da bat der Knabe auf ein Wort

den Herrscher zu sich: „Es wär‘ Mord.

Denn ohne Schuld kam ich zu Schanden.

Den Schatz hab rechtens ich erstanden.

 

Ich sage Euch, ganz im Vertrauen,

mit meinem Stock könnt Ihr selbst schauen

wo überall im Land verborgen

ist Gold und Silber. – Ohne Sorgen

 

seid Ihr fortan an jedem Tag.

Doch hört, was ich Euch weiter sag:

Bei Dienern, Knechten und auch Sklaven

könnt Ihr bestimmt viel sich‘rer schlafen

 

als ungeschützt im Hofstaatkreis.

Mein eignes Schicksal sei Beweis.“

„Beweis – das ist ein wahres Wort.

Zeig mir sofort den goldnen Hort.

 

Wenn du nicht lügst, so magst du gehen.

Im andren Fall, wirst Allah sehen.“

Da nahm der Muck sich seinen Stock

und zeigte auf des Wesirs Rock.

 

Es zeigte, wo was war versteckt

und war es noch so sehr bedeckt.

Der Kalif sah die wahren Diebe

und schenkte ihnen reichlich Hiebe.

 

Gleichwohl ließ man nicht aus den Klauen

den kleinen Muck. „Erst will ich schauen,

wie du mit deinen kurzen Beinen

so schnell bist. Mir will wahrhaft scheinen,

 

daß da auch noch ein Trick dahinter.

Sagst du es nicht, wirst niemals Winter,

nie Frühling, Sommer du noch sehen.

Es sei um deinen Hals geschehen!“

 

Was sollte da der Bursche machen?

Die Lage war nichtens zum Lachen.

Er zeigte den Pantoffeltrick.

Der Kalif fand es anfangs chic

 

so schnell durch seine Mark zu reisen.

doch mußte er zum Schluß beweisen,

daß er sein Wort hält und Muck frei.

Sonst liefe er sich selbst entzwei.

 

Hingegen, daß er eines bleibt

und etwa doch noch wird entleibt,

verschwand der Knabe ohne Schuh.

Die Wachen hielten Augen zu.

 

Nun also, wie seit Anbeginn,

bracht Muckes Tat kein Hauptgewinn.

Viel eher war er ärmer dran,

denn barfuß galt er nicht als Mann.

 

So wickelte zum Schutz der Füße

er Lumpen drum, damit die Grüße,

die heißer Sand ihm maßlos spendet,

ihn nicht verletzt, er tot nicht endet.

 

Weit draußen vor dem Hauptstadttor,

drang ihm ein Rauschen an das Ohr.

Grad so wie das von ‘ner Oase,

wo Palmen steh‘n im grünen Grase.

 

Tatsächlich, hinter einer Düne

erschien als Abschluß seiner Sühne

ein kleiner feuchter Feigenhain.

Welch Schatten könnte schöner sein?

 

Nachdem geruht er ein paar Stunden,

war Müdigkeit aus ihm verschwunden.

Doch Durst und Hunger hielten an

bei jenem kleinen Wüstenmann.

 

Da sah er aufwärts zu den Bäumen.

„Ich glaub, ich scheine noch zu träumen.

Der Hunger zeigt mir auf Gerichte,

derweil ist es ‘ne Truggeschichte.“

 

Doch träumte unser Muck nicht mehr

und pflückte manches Zweiglein leer.

Er stopfte frisch sie in den Mund

und fühlte sich alsbald gesund.

 

Nun wollte er den Durst sich stillen,

an einem Bach den Magen füllen

mit frischem Wasser naß und kalt. –

Da macht er vor Entsetzen halt!

 

Das Spiegelbild sah schrecklich aus.

Zwei Eselsohren, ihm zum Graus

wie eine superlange Nase.

Kein Narr trüg sie. Auch nicht zum Spaße.

 

„Freilich muß ich hier Dummheit büßen.

Trat ich mein Glück mit beiden Füßen.

O Allah, danke für den Gruß,

der mir zeigt, daß ich klein sein muß.

 

Doch halt, mir scheint, die Feigen dort,

sind anders als an jenem Ort.

Vielleicht, wenn ich sie ausprobiere,

verschwindet ‘s Antlitz von dem Tiere?“

 

Und in der Tat, kaum nach Sekunden,

kaum, daß die Feige war verschwunden

im trocknen Mund des kleinen Muck,

verschwand die Häßlichkeit zum Gluck.

 

Sehr schnell hat nun der junge Mann

verstanden, worauf es kam an.

Worauf, wollt er die Früchte nutzen,

um seiner Feinde Macht zu stutzen.

 

Er lud sich seine Taschen voll

von Feigen, die verwandeln soll‘

das Antlitz all der hohen Herrn.

Rache stand seinem Sinn nicht fern.

 

Zu jener Zeit, an jenem Ort

galt Obst zu finden als ein Sport,

als eine ganz besondre Gabe,

ein Korb voll Feigen – reiche Habe.

 

Verkleidet stand der Muck am Tor

und stellte sich als Händler vor.

Als Kaufmann, der die besten Feigen,

nur höchsten Leuten wollte zeigen.

 

Der Mundschenk des Kalifen nun,

eilte herbei, um das zu tun,

wofür man ihn hat angestellt

und gab dem Händler reichlich Geld

 

damit er seine teure Ware

nur für den Hof stets aufbewahre.

So reichte Muck dem Hofgesandten

die Feigen, die aus fernen Landen

 

eigens für des Kalifen Schmaus

er selbst hat frisch gewählt sie aus.

Zu seinem Herrscher eilt so dann

der Höfling, dem der Coup gelang

 

und alle, selbst die einst Verschmähten,

begannen wild den Korb zu jäten.

Der Kalif selbst nahm sich das meiste:

„Es gibt Allah, was ich mir leiste!“

 

Jedoch was mußten sie bald sehen,

als sie sich gegenüberstehen.

Ob Janitschar, ob Großwesir,

ein jeder sah aus wie ein Tier.

 

Ein Eselskopf die Schultern zierte,

egal wie lang man darauf stierte.

Und in der Mitte vom Gesicht

die Nase lang. Das ziemt sich nicht.

 

Nun brach ein wildes Klagen aus.

Der ganze Hof ein Irrenhaus.

Man schnitt sich gegenseitig ab

die Ohren. Doch im schnellen Trab

 

wuchsen sie nach, viel länger noch.

„O Allah, beende es doch!“

schrie ganz verzweifelt jeder Mann

und schaute sich im Spiegel an.

 

Jetzt rief herbei man die Gelehrten,

Doktoren, Magier und verehrten

Weisen aus dem Morgenland,

ob man nicht ein Mittel fand.

 

Indes vergeblich alles Mühen.

Ein jeder mußte ratlos ziehen

davon mit reichlich Scham bedeckt

und seinen Ruf ewig befleckt.

 

Das Land versank in tiefes Schweigen.

Fortan verboten waren Feigen.

Selbst wenn man davon heimlich sprach –

der Strick oft das Genick zerbrach.

 

Da ließ des Abends ein Magister

von sehr weit her seinen Tornister

geheimnisvoll im Lande preisen.

Er sei gefüllt auf vielen Reisen

 

von mancher Wundermedizin.

Kein Leiden, das er nicht entziehn

dem Körper kann, um ihn zu heilen.

Zu dem Palast mußte er eilen.

 

„O kluger, weiser Mann. Allah

gepriesen sei Er, daß Ihr da.

Vielleicht wißt Ihr, von ganz weit her,

wie man bekämpft diese Malheur?“

 

„Ich wüßt schon was. Doch schweig ich still,

weil ohne Kopf ich nicht sein will.

Hier hilft nur eins, doch ist’s verboten.

Das Maß der Gunst mag ich nicht loten.“

 

Der Kalif stand mit seiner Macht:

„Was es auch sei, dir zugedacht,

sei jedes noch so schlimme Wort. –

Nur schaff mir diese Ohren fort!“

 

„Nun denn, so solltet Ihr Euch eilen

und länger nicht in Gram verweilen.

Es ist ein Spruch aus alter Zeit,

das was beschädigt hat Euch heut,

 

Euch wird auch wieder davon freien,

gelingt das rechte Maß zu weihen.

Ihr habt genossen böse Früchte,

drum nahmt Ihr zu am Kopfgewichte.

 

Nehmt Ihr indes nochmal die Speise,

kehrt um die Sache sich im Kreise.

Erlaubt, daß ich Zutaten mische

und sie Euch dann als Mahl auftische.“

 

Groß war fürwahr des Herrschers Not

und hieße dies auch seinen Tod,

so stimmte er dem Ratschlag zu.

„Mundschenk! Als erster kostest du!“

 

Auch wenn der Mann sich noch so zierte,

kein Weg vorbei am Kosten führte.

Und siehe da, eh man gedacht,

war alles wieder gut gemacht.

 

Wie riß sich da der Hofstaat nun

um jene Feigen. Eher ruh‘n

der Heiler konnte nicht bevor

der letzte seinen Fluch verlor.

 

Einzig Kalif und Töchterlein

zierte ein langes Nasenbein

weil es der kleine Muck verstand,

zu geben klug mit der seiner Hand.

 

„Helft uns“, sprach der Kalif zum ‚alten‘

Arzt, „und Ihr sollt dafür erhalten,

was immer meine Kammer füllt.

Nehmt, was das Antlitz uns verhüllt.“

 

„Nun also, dann will ich mal schauen,

ob ich kann eurem Wort vertrauen.

Zeigt mir besagtes Zimmer her.

Den Lohn zu finden ist nicht schwer.“

 

Man ging hinab in Schlosses Schoß.

Der Reichtum schien wahrhaftig groß.

Doch nicht nach Silber und Juwelen

schaut unser Muck – er will nicht stehlen.

 

Einzig das Schuhwerk und den Stab

zu holen er sich her begab.

Er nahm sie, ohne lang zu fragen.

„Das andre hier will ich nicht tragen.“

 

Er warf dann die Verkleidung fort,

zog die Pantoffeln an am Ort,

gab der Prinzessin letzte Feige:

„Selbst wenn ich mich vor Euch verneige,

 

so habt Ihr meine Achtung nicht,

denn Euer Undank hat Gewicht.

Mögt Ihr, so Allah will, verstehen

und immerfort entstellt dastehen.“

 

Sogleich im nächsten Augenblick

verschwand der Muck, kam nie zurück.

Auch vom Kalifen mit den Ohren,

hat niemand mehr ein Wort verloren.

 

 

[2009]